Killerkeks
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Hier ein Interview mit dem Chef von Deichmann.
In meinen Augen spricht er wie Wiedeking (Porsche) sehr wahre Worte...
Wie seht ihr das ?
In meinen Augen spricht er wie Wiedeking (Porsche) sehr wahre Worte...
Quelle: DIE WELT, 14. Mai 2005"Es gab Exzesse des Kapitalismus"
Schuh-Unternehmer Deichmann fordert mehr Gemeinwohl-Denken und kritisiert egoistische
Firmenchefs
Essen - Europas größter Schuhhandelskonzern, das Essener
Familienunternehmen Deichmann, hat einen Wettbewerb gegen
Jugendarbeitslosigkeit gestartet und vergibt 80 000 Euro Preisgeld an
Firmen, Initiativen und öffentliche Stellen. Damit verstärkt das christlich
geprägte Unternehmen, das bisher vor allem soziale Projekte im Ausland
unterstützte, sein Engagement in Deutschland. Heinrich O. Deichmann,
Vorsitzender der Geschäftsführung, w ünscht sich auch von anderen
Unternehmern mehr Engagement für den Standort Deutschland. "Wenn
Firmenchefs nur noch egoistisch handeln, werden die Grundlagen der
sozialen Marktwirtschaft erschüttert", klagt Deichmann. Er kritisiert "Exzesse
des Kapitalismus - die müssen abgestellt werden". Mit dem Unternehmer
sprachen Hagen Seidel und Anette Sydow.
DIE WELT: Schuhhandel und Jugendarbeitslosigkeit – was hat das miteinander zu tun?
Heinrich Deichmann: Wenn man ein „gutes Geschäft“ sein will – mit diesem Spruch werben wir - gehören dazu
gute Produkte, erschwingliche Preise, und eben auch soziale Verantwortung. Für meinen Vater und mich ist
der christliche Glaube die Grundlage unseres privaten und geschäftlichen Handelns. Das heißt, wir wollen
Menschen helfen, denen es nicht so gut geht wie uns. Hier in Deutschland ist aus meiner Sicht eines der
dringlichsten Themen die Jugendarbeitslosigkeit. Bisher haben wir uns vor allem in Entwicklungshilfeländern
sozial engagiert. Jetzt wollen wir das auch wieder stärker in unserem Heimatland tun, weil hier die Probleme
gewachsen sind. Und mit Hartz IV könnte die Not für manche Menschen eher noch größer werden.
DIE WELT: Warum geben Sie die 80.000 Euro Preisgeld dann nicht lieber aus, um neue Ausbildungsplätze zu
schaffen?
Deichmann: Noch mehr ginge nur schwer. Wir haben die Zahl unserer Lehrlinge im letzten Jahr noch einmal
um 150 auf rund 1360 erhöht – und das bei insgesamt 12.000 Beschäftigten in Deutschland. Abgesehen
davon fördern wir hier an unserem Standort Essen ab diesem Jahr eine Beratungsstelle mit zwei
Sozialarbeitern, die sich vor allem um schwer vermittelbare Jugendliche kümmert. Wir selbst werden
außerhalb unserer normalen Planung einige Ausbildungs- und Praktikumsplätze für solche Problemfälle zur
Verfügung stellen. Betreut werden sie dann u.a. von der Beratungsstelle.
DIE WELT:. Sie haben ja prominente Unterstützer aus der Politik für den Förderpreis. Nutzen Sie den Preis,
um gleichzeitig Öffentlichkeit anzuziehen und Werbung zu betreiben?
Deichmann: Natürlich brauchen wir die Öffentlichkeit – damit andere Unternehmer ermutigt werden in
ähnlicher Weise tätig zu werden. Natürlich können wir mit unserem Namen eher Aufmerksamkeit erreichen,
als wenn ein unbekannter Heinz Müller aus Essen das Projekt auf die Beine stellen würde.,. Der positive Effekt
für uns als Unternehmen ist sicherlich auch da, ist aber nicht unser Hauptanliegen. Wir spekulieren nicht
darauf, durch unser soziales Engagement mehr Schuhe zu verkaufen.
DIE WELT: Neben der Initiative gegen Jugendarbeitslosigkeit unterstützen Sie auch Projekte von der
Entwicklungshilfe in Tansania bis hin zu Sportsponsoring wie dem Tennisturnier „ATP Tour of Champions“.
Droht die Grenze zwischen sozialem Engagement und Werbung zu verschmelzen?
Deichmann: Wenn wir eine Sportveranstaltung sponsern, wollen wir natürlich damit werben. Bei unseren
Projekten für Bedürftige in Indien, Tansania oder auch Deutschland geht es dagegen klar um das karitative
Engagement. Diese Entwicklungshilfeprojekte sind im Verein „Wort und Tat“ zusammengefaßt – wenn wir über
Projekte dieses Vereins berichten, taucht nirgendwo das Deichmann-Logo auf. Wir setzen hier seit vielen
Jahren Teile unseres Unternehmensgewinnes für Projekte ein, die mein Vater über Jahrzehnte aufgebaut hat..
DIE WELT: Das hört sich ein biß chen nach Franz Münteferings Kapitalismuskritik an: Der Unternehmer soll
seine Gewinne nicht ins Wachstum des Unternehmens stecken, sondern sie den Armen geben?
Deichmann: Unternehmerisches Handeln darf sich nicht auf kurzfristige Gewinnmaximierung beschränken.
Auch gibt es vereinzelt immer wieder Exzesse des Kapitalismus, wenn z.B. Unternehmen nur gekauft werden
um aus ihrer Zerschlagung den größtmöglichen finanziellen Nutzen zu ziehen. Natürlich muss ein
Unternehmen Gewinne machen und wachsen, um langfristig bestehen zu können.Aber wenn kurzfristige
shareholder value maximierung zur einzigen Maxime unternehmerischen Handelns wird, wird man der
sozialen Verantwortung nicht gerecht, die man als Unternehmer in besonderem Maße hat. Genauso zu
kritisieren ist selbstverständlich auch der Missbrauch von Sozialleistungen des Staates durch einige Bürger.
Wir müssen den kollektiven Egoismus in unserem Land überwinden. Ein freiheitliches System wie die soziale
Marktwirtschaft funktioniert nur so gut, wie die Werte seiner Bürger es zulassen.
DIE WELT: Wollen Sie in die SPD eintreten?
Deichmann: Nein, Münteferings Kritik zielt in eine falsche Richtung. Das Ergebnis der Kapitalismuskritik kann
nicht sein, noch mehr neue Gesetze zu schaffen und den Unternehmern vorzuschreiben, was ihre
Unternehmensziele sein d ürfen. Was er da tut, ist aus meiner Sicht außerordentlich gefährlich. Wenn jetzt
wieder klassenkämpferische Parolen aus dem vorletzten Jahrhundert reaktiviert werden, besteht die Gefahr,
daß sich mehr Kapital abwendet und weniger investiert wird. Und das bedeutet noch mehr Arbeitslose.
DIE WELT: Noch einmal zum Thema Gewinnmaximierung: Haben börsennotierte Firmen überhaupt eine
Chance, diesem Druck der Finanzmärkte Quartal für Quartal zu widerstehen?
Deichmann: Ja, die haben sie. Porsche-Chef Wiedeking etwa hat sich dem Diktat der
Quartalsberichterstattung erfolgreich widersetzt. Davor habe ich größte Hochachtung. Denn vor allem in
börsennotierten Unternehmen wird oft viel zu kurzfristig gedacht. Würden sich die Chefs mehr an den
Mitarbeitern orientieren und weniger an kurzfristigen Aktionärsinteressen, entstünde ein solideres Fundament
für dauerhafte Erfolge und geringere Fluktuation. Wenn die Mitarbeiter ernstgenommen und nicht wie
Schachfiguren behandelt werden, gehen sie in ihrem Einsatz und ihrer Leidenschaft für das Unternehmen
über das übliche Maß hinaus.
Wie seht ihr das ?