Es klingt etwas seltsam, dass da gerade ein japanischer Spezialist für PC-Kühlkomponenten Abhilfe schaffen möchte. Der aufstrebende Hersteller Scythe mit deutscher Niederlassung in Hamburg zeigte bereits auf der diesjährigen Cebit seine Lösung: Ein 2.0-Boxenpaar in edler Optik (vom Aufbau her betrachtet übrigens den Nubert-Lautsprechern nicht unähnlich), das auf den Namen „KroCraft“ hört, sowie eine passende Überarbeitung des bereits vorher im Sortiment der Japaner vertretenen Verstärkers „Kama Bay AMP“. Beides soll, hört hört, für weniger als 100 Euro als Bundle auf den Markt kommen. Für Scythe ist es ein Vorstoß in ein neues Segment, für Letzteres die Besetzung einer Nische: 2.0-Systeme des Schlages der KroCraft sind in ähnlichen Preisgefilden, wenn überhaupt, nur in Verbindung mit einer Micro-Musikanlage zu haben. Man hat sich also einiges vorgenommen, da, wie wir bereits festgestellt haben, guter Klang meist teuer zu bezahlen ist. Nun ist Scythe nicht gerade für schlechte Produkte bekannt: Im Kühlungssektor sind es Eigenschaften wie eine gute Kühlleistung, wenig Lärm und ein fairer Preis, die den Scythe-Modellen nachgesagt werden. Insofern stehen die Zeichen für einen Erfolg der KroCraft nicht unbedingt schlecht.
Freundlicherweise hat uns Scythe zwei Vorserien-Exemplare seiner Boxen inklusive dem passenden Kama Bay Amp Kro Verstärker zukommen lassen, sodass wir uns selbst ein Bild von ihnen machen konnten und im folgenden einen umfassenden Ausblick gewähren können. Vornweg sei aber bereits gesagt, dass unsere Boxen laut Scythe zwar weitestgehend, aber nicht vollständig mit der Serienversion übereinstimmen und dementsprechend Beobachtungen nicht representativ für das eigentliche Produkt sein müssen.
Vorneweg geht ein großes Dankeschön an Scythe EU für die Bereitstellung der Testmuster!
Da uns von den Boxen nur Vorserienexemplare vorliegen, können wir über deren Lieferumfang keine Aussagen machen. Die Verpackung des Kama Bay Amp Kro Verstärkers enthält folgendes:
- Kama Bay Amp Kro Verstärker
- Cinch ↔ Cinch Kabel
- Cinch ↔ Klinke 3,5 mm Kabel
- 2 Lautsprecherkabel
- Netzteil
- Frontblende und Schrauben zum Einbau in den PC
- Installationsanleitung
Technische Daten
KroCraft Boxen
Abmessungen (BxHxT) | 144 x 210 x 250 mm |
Gewicht (pro Box) | 2,9 kg |
Volumen (pro Box) | 7,6 l |
Musik-Leistung (pro Box) | 20 W |
Musik-Leistung (kombiniert) | 40 W |
Hochton | 25 mm Softdome-Tweeter |
Tief/Mittelton | 100 mm Konkav-Dome Tieftöner (Alu/Faser-Verbund) |
Impedanz | 8 Ohm |
Maximallautstärke | 84 dBa |
Frequenzgang | 58 Hz - 20 kHz |
Kama Bay Amp Kro Verstärker
Abmessungen (BxHxT) | 152 x 41 x 133 mm |
Gewicht | 480 g |
Verstärker | Yamaha YDA138 Digitalverstärker |
Maximaloutput Boxen | 2 x 10 W |
Maximaloutput Kopfhörer | 2x 50 mW |
Maximale Effizienz | 88 % |
Rauschabstand Boxen | 103 dB |
Rauschabstand Kopfhörer | 95 dB |
Klirrfaktor | 0,02 % |
Anmerkung: Wie man sieht, besitzen die Boxen prinzipiell eine Leistung von 20 W, der Verstärker gibt aber nur 10 W aus. Somit werden die Möglichkeiten nicht vollständig ausgereizt und es bleiben einige Reserven, was aber keineswegs einen Nachteil darstellt; die Lautstärke ist in jedem Fall (!) ausreichend.
Ein erster Blick weist die Boxen als typische, quaderförmige Regallautsprecher
aus schwarz lackiertem Sperrholz aus. Die vorderen, seitlichen Kanten sind jeweils abgeflacht, was der Optik zugute kommt. Der Tieftöner mit seiner beigen Membran wird mit vier Sechskant-Schrauben in der runden Aussparung festgehalten; beim ungleich kleineren Hochtöner übernehmen drei Schrauben gleichen Typs diese Aufgabe. Beide Klangquellen besitzen keine Abdeckung, sodass man während der Musikwiedergabe zumindest beim Tief-Mitteltöner deutliche Vibrationen wahrnimmt. Der Tweeter sitzt ebenso fest und unbeweglich in seiner Fassung wie sein großer Kollege; allerdings sind die glänzenden Klebespuren in der Fuge zwischen dem Lautsprecher und seiner Halterung dem sonst ordentlichen Qualitätsempfinden nicht unbedingt zuträglich. Beim Schütteln der Box sind keine Geräusche zu hören. An der Rückseite befinden sich die rot bzw. schwarz markierten Kontakte. Letztere sitzen fest in der Korpusrückwand und weisen keine Grate auf, die von schlechter Verarbeitung zeugen.
Das Aussehen der Boxen wird durch das Typenschild und die längliche Aussparung auf der Rückseite komplettiert. Die KroCraft lassen sich durchaus als edel bezeichnen, zumal ihre Optik in ähnlichen Preisregionen selten zu finden ist. Der Auftritt von Scythes Erstlingswerk hat eine individuelle Note, fast wie von Hand gebaut, und identifiziert sie nicht als Fließbandware. Zumindest von diesem Standpunkt aus betrachtet bringen die KroCraft ein wenig HiFi-Flair ins Wohnzimmer.
Scythe Kama Bay AMP Kro im Detail
Die kleine Verstärkerbox ist passend zu den Lautsprechern in schwarz gehalten und passt dank ihrer Ausmaße sogar in jeden herkömmlichen 5,25“ Laufwerksschacht eines Computers (beim Test haben wir dies allerdings nicht ausprobiert). Die Aufgabe des Verstärkers besteht darin, die Signale von einer beliebigen Quelle mit Klinke-Ausgang passend für die Boxen umzuwandeln und an diese weiterzuleiten. Dazu benötigt er nur die richtigen Ein- und Ausgänge. Der Kama Bay AMP besitzt demnach vier der gewöhnlichen Lautsprecher-Ausgänge, die zu den Kontakten an den Boxen selbst nahezu identisch sind. Als Eingang kommen herkömmliche Cinch-Anschlüsse zum Einsatz. An der Rückseite ist außerdem die Strombuchse des Verstärkers zu finden.
Die Bedienelemente des kleinen Kastens sind auf ein Minimum beschränkt. An der Front gibt es neben dem obligatorischen An-/Ausschalter und dem darüber befindlichen, dezenten „Scythe“-Schriftzug ein großes Einstellrad für die Lautstärke. Auf der rechten Seite finden sich zusätzlich eine Mute-Taste, die manchmal mit Aussetzern negativ auffällt, sowie ein zusätzlicher Ausgang für Kopfhörer (beim Anschluss eines solchen wird der Boxensound deaktiviert). Akzente werden optisch durch die aluminiumfarbigen Einfassungen und die leider viel zu helle LED des Power-Schalters gesetzt. Die drei silbernen Standfüßchen runden das Erscheinungsbild ab.
An der Qualität des Kama Bay Amp Kro gibt es wenig auszusetzen. Die einzelnen Teile sitzen fest, keine Einzelteile fliegen lose im Gehäuse herum und auch die Haptik des Lautstärke-Rades überzeugt, bis auf eine kleine Stelle, an der das Rad an der Einfassung entlangschleift und dabei ein unangenehmes Kratzgeräusch erzeugt. Der Power-Schalter könnte zudem etwas fester sitzen.
Zu bemängeln gibt es letztlich noch, dass nur ein Stereo-Eingang zur Verfügung steht. Gerade bei der Nutzung mehrerer Quellen wäre ein zweiter samt Umschalter nützlich.
Der Klang ist jene schwer zu beschreibende wie kritische Eigenschaft eines Boxensystems, die zumeist über Empfehlung oder Nicht-Empfehlung entscheidet. Dem wollten wir gerecht werden und haben uns dementsprechend intensiv damit befasst. Vorneweg sei gesagt, das wir mit keinerlei Messtechnik oder Laborbedingungen aufwarten können. Die KroCraft wurden an einer Creative Soundblaster Live! Soundkarte betrieben, mit jeweils drei 1-Cent-Stücken entkoppelt und zusätzlich mit einigen Büchern beschwert. Außerdem wurden die Boxen ausreichend weit voneinander entfernt aufgestellt. So wurde einerseits eine realistische Situation nachgestellt, andererseits wurden genügende Testbedingungen geschaffen. Getestet wurde größtenteils mit verlustfrei komprimierten FLAC-Dateien, teilweise auch mit CDs. Dabei haben wir uns nicht auf ein Genre beschränkt, sondern ein breites Spektrum an Musik probegehört. Unter den Interpreten befanden sich unter anderem Eric Clapton, The Eagles, die Wise Guys, Rihanna, Justin Timberlake, Phil Collins, Michael Jackson, Linkin Park, die Berliner Philharmoniker, Eminem, Bon Jovi, 10cc und Amy Winehouse. Der Verstärker soll hier keine weitere Erwähnung finden; er war ständig das Bindeglied zwischen PC und den Boxen, wird aber nicht gesondert beurteilt.
Scythes Lautsprecher klingen nicht so neutral, wie sie mancher wohl aufgrund des Aussehens einschätzen würden. Klassische Musik beispielsweise kommt den KroCraft weniger entgegen als beispielsweise Populärmusik wie Rock oder Pop. Es bedeutet zwar nicht, dass die Lautsprecher für Klassikhörer überhaupt nicht empfehlenswert sind – da sie, soviel kann man schon sagen, insgesamt recht gut klingen – doch es fehlt vor allem bei Synphonien etwas an Differenzierung zwischen den vielen Instrumenten, die sich eher zu einer Art „Klangbrei“ verbinden. Dem gegenüber steht eine gute Präsentation der Tiefen, die zwar nicht immer bis ins letzte Detail präzise sind, aber ein starkes, aber nicht dominierendes Fundament für die höheren Tonlagen bilden.
Seine Sternstunde erlebt Scythes Audioensemble bei leichter Rockmusik mit wenigen Instrumenten, viel Perkussion und charakteristischen Stimmen. Das liegt zum einen am sehr präzisen, oberen „Kick-“Bass, zum anderen an den Stärken des Hochtöners. Dieser versteht es sehr gut, durschlagende Höhen wie etwa Snares oder sonstige Rythmusinstrumente plastisch und deutlich wiederzugeben. Erwähnt werden muss an dieser Stelle allerdings auch, dass der Tweeter dabei manchmal über sein Ziel hinausschießt – ab und an klingen Schlagzeuge etwas zu blechern und durchdringend und fallen so aus dem Klangbild heraus.
Auch mit Gitarren kommen die KroCraft gut zurecht, so etwa in Eric Claptons „Layla“ oder im Stück „Brunette On A Bicycle“ des unbekannteren, südafrikanischen Akustikgitarristen Nibs Van Der Spuy zu hören. Zupf- und Kratzgeräusche sind deutlich zu hören und erzeugen zusätzliche „Live"-Atmosphäre und ergänzen so den dynamischen und präzisen Gitarrenklang.
Ebensowenig haben die Boxen mit Stimmen Probleme. Seien es nun gefühlvolle Balladen wie Bon Jovis Balladenversion von „Always“, Christina Aguileras „Hurt“ oder Simple Plans „Untitled“, oder eher extrovertierte, gesangsorientierte Stücke; für die KroCraft spielt es keine Rolle, detailreich und natürlich geben sie den Gesang wieder.
Selbstverständlich gibt es auch Raum für Kritik. Der umfasst etwa den (sehr) tiefen Bassbereich, in dem die KroCraft nicht immer durch und durch präzise zu Werke gehen. So kann es etwa passieren, dass in besonders bassbetonten Songs (v.a. Technomusik) der Bass etwas schwammig klingt, ebenso aber auch bei anderen Musikrichtungen mit entsprechend tief reichendem Bass.
Zu loben hat man die Boxen dennoch, denn in höheren Klangregionen klingen sie generell präzise und lebendig. Eine Eigenschaft, die im voraussichtlichen Preisbereich der KroCraft selten zu finden ist, ist zudem die gute Auflösung; Details sind allgemein gut warnehmbar.
Insgesamt ergibt sich so ein durchaus stimmiges Klangbild, mit allgemein guter Präzision und Detailauflösung. Zu arbeiten hat Scythe dagegen noch am tieferen Bassbereich und an der Abstimmung zwischen Tieftöner und Tweeter, der sich gelegentlich etwas in den Vordergrund spielt. Trotzdem haben sich die KroCraft eine gute Bewertung im Klangbereich verdient. Übrigens steht auch dem Genuss eines HD-Films oder Videospiels mit den KroCraft nichts im Wege; insbesondere Explosions- und andere Effekte hören sich sehr gut an. Da es sich um ein 2.0-System handelt, fällt die passende Räumlichkeit allerdings unter den Tisch. Dafür gibt es die zahlreichen 5.1 oder 2.1-Multimedia-Systeme (letzere zwar ohne Räumlichkeit, dafür aber mit zusätzlichem Subwoofer-“Bumms“), mit denen die KroCraft doch eher weniger zu tun haben wollen.
Scythe hat mit den KroCraft und dem kleinen Kama Bay Amp Verstärker ein potentes, ganz und gar konkurrenzfähiges Audiosystem erschaffen. Unabhängig davon, ob einem der puristische, edel anmutende Stil zusagt - die KroCraft passen vermutlich nicht auf jeden Schreibtisch –, muss man ihnen ihren guten Klang zugute halten. Wenn auch (zumindest auf derzeitigem Stand) nicht ganz ausgefeilt, können sich die KroCraft klanglich profilieren und brauchen die Konkurrenz nicht unbedingt zu fürchten, gerade da es bis dato kaum etwas vergleichbares gibt. Qualitativ sind Boxen und Verstärker zwar nicht überragend, aber durchaus gut verarbeitet. Und so bleibt am Ende zu sagen, dass sich die KroCraft angesichts eines Preises von voraussichtlich 50 – 60 EUR (mit Verstärker sind 94,95 Euro angepeilt) auf dem Markt sehen lassen können – gerade optisch werden die KroCraft – da sind wir uns sicher – einige Leute ansprechen, die sich bisher eben nicht mit der gewöhnlichen Einheits-Optik anfreunden konnten. Eine Kaufempfehlung würden wir zwar für jene aussprechen, die für einen guten Klang und HiFi-Optik zum kleinen Preis etwas übrig haben, allerdings verzichten wir auf einen Award, unter anderem, da der Preis noch nicht genau festgelegt ist und wir noch nicht die Möglichkeit hatten, die finale Version zu testen. Doch schon der Vorserie trauern wir nach, seit unsere alten, im Vergleich mit den KroCraft nicht nur optisch deutlich abfallenden, sondern auch klanglich nicht halb so begabten Philips-Boxen (Teil einer Micro-Anlage) wieder ihren Platz auf unserem Schreibtisch innehaben. Bilder: PCMasters.de-Redaktion ; Scythe EU</break></break></break></break>