Digitale Identität  Bild © DALL-EDigitale Identität (Bild © DALL-E)

Auch auf der Hannover Messe 2025, dem internationalen Schaufenster für Industrie-Innovation, waren diese Themen allgegenwärtig – nicht nur im industriellen Kontext, sondern mit weitreichenden Implikationen für die gesamte digitale Wirtschaft.

Einmal verifizieren, überall nutzen: Sumsub stellt Reusable KYC vor

Im März 2025 präsentierte das international tätige Unternehmen Sumsub mit „Reusable KYC“ und „Sumsub ID“ eine neue Produkt-Suite, die den Identitätsverifizierungsprozess für Unternehmen und Endnutzer revolutionieren will.

Das Versprechen: Nutzer müssen ihre Identität nur einmal verifizieren, können die Daten aber dann sicher auf über 4.000 Plattformen wiederverwenden – vom Bankkonto bis zum Online-Shop. Unternehmen wiederum sparen bis zu 50 % der Onboarding-Zeit und erhöhen die Erfolgsquote bei Verifizierungen um bis zu 30 %.

Das System erfüllt die strengen Vorgaben der DSGVO und überträgt die Datenkontrolle an die Nutzer selbst. Sumsub analysierte aggregierte Nutzerdaten und stellte fest, dass bereits ein Drittel aller neuen Kunden zuvor auf einer anderen Plattform verifiziert worden war – ein klarer Beleg für den Bedarf an interoperablen, wiederverwendbaren Lösungen.

Diese Entwicklung kommt genau zur richtigen Zeit: Immer mehr Plattformen und digitale Dienste stehen unter Druck, gleichzeitig sicher, schnell und benutzerfreundlich zu verifizieren – besonders in Krypto, FinTech, eCommerce und sogar Gaming. Statt KYC als "Conversion-Killer" zu sehen, positioniert sich Reusable KYC als Conversion-Booster.

eIDAS 2.0 – Europas Antwort auf die digitale Identitätslücke

Gleichzeitig arbeitet die Europäische Union mit eIDAS 2.0 (Verordnung über elektronische Identifizierung und Vertrauensdienste) an einem neuen digitalen Fundament. Ziel ist es, Bürgern und Unternehmen eine sichere, interoperable und grenzüberschreitend einsetzbare digitale Identität bereitzustellen. Ein zentrales Element ist die geplante European Digital Identity Wallet (EUDI Wallet), in der Bürger ihre digitalen Nachweise (Ausweise, Führerscheine, Zertifikate) sicher speichern und situationsabhängig freigeben können.

Die Initiative reagiert auf den wachsenden Bedarf nach verlässlichen Identitätslösungen im Netz – nicht nur für staatliche Dienste, sondern auch für den privaten Sektor. Anbieter wie Verimi in Deutschland bieten bereits erste Wallet-Lösungen an, die sich an den künftigen eIDAS-Standards orientieren.

Dezentrale Identitätsmodelle: Self-Sovereign Identity (SSI) und DLT

In einer zunehmend digitalisierten Welt wächst der Wunsch von Verbraucher:innen nach mehr Kontrolle über persönliche Daten und digitale Identitäten – gerade in Sektoren, in denen Vertrauen und Datenschutz im Mittelpunkt stehen. Klassische KYC-Verfahren (Know Your Customer) gelten vielerorts als aufwendig, intransparent und datentechnisch übergriffig. Entsprechend wächst das Interesse an alternativen Identitätsmodellen, die Sicherheit mit Souveränität vereinen.

Ein Beispiel ist der iGaming-Sektor, in dem bereits Plattformen ohne Verifizierung der Daten gibt: Spieler wünschen sich weniger Friktion bei der Verifizierung und mehr Kontrolle darüber, welche Daten sie preisgeben müssen. Ähnliche Entwicklungen gibt es im Bereich Online-Dating, wo Nutzer zunehmend digitale Vertrauensnachweise nutzen möchten, ohne gleich vollständige Ausweisdaten hochzuladen. Auch im Second-Hand-E-Commerce (z. B. bei Kleidung oder Elektronik) werden Identitäts- und Vertrauensmechanismen gefragt, die ohne zentralisierte Plattformüberwachung auskommen – insbesondere auf Peer-to-Peer-Marktplätzen.

Self-Sovereign Identity (SSI) gilt hier als wegweisendes Modell und könnte in Zukunft an Relevanz gewinnen: Nutzer behalten die volle Hoheit über ihre digitalen Nachweise, ohne sich dauerhaft an zentrale Vermittler binden zu müssen. Identitätsmerkmale wie Alter, Wohnort oder Ausbildungsnachweis lassen sich dabei selektiv und temporär freigeben – und bleiben ansonsten lokal oder in der digitalen Brieftasche der Nutzer gespeichert.

Technologisch basiert SSI meist auf Decentralized Identifiers (DIDs) und Distributed-Ledger-Technologie (DLT) – also Blockchain-ähnlichen Architekturen, die Verifizierungen fälschungssicher und nachvollziehbar gestalten. Ein aktuelles Forschungspapier vom 28. März 2025 unterstreicht, wie entscheidend Governance und Vertrauen in diesen offenen Systemen sind, insbesondere in Hinblick auf Interoperabilität und Datenschutzanforderungen.

Hannover Messe 2025: Vom digitalen Produktpass bis zur Datenraum-Praxis

Die Relevanz dieser Entwicklungen spiegelte sich auch auf der Hannover Messe 2025 wider, die Ende März mit starken digitalen Schwerpunkten stattfand. Im Fokus standen unter anderem:

  • eIDAS 2.0 und digitale Identitäten in der Industrie: Vortrag von Michael Jochem zur Rolle von digitalen Identitäten in Datenräumen wie Catena-X oder Manufacturing-X, etwa zur Nachverfolgbarkeit in Lieferketten.
  • Digitaler Produktpass (DPP): Diskutiert wurde das Potenzial des von der EU geplanten DPP als Datencontainer für Produkte, der Herkunft, Reparaturfähigkeit, Materialien und CO₂-Fußabdruck transparent macht. Besonders kleine und mittlere Unternehmen (KMU) stehen vor der Herausforderung, diese Informationen strukturiert zu erfassen – aber auch vor der Chance, sich durch Transparenz zu differenzieren (Plattform Industrie 4.0, Messe-Programm 2025).
  • Wirtschaftlicher Nutzen von Datenräume: In Use Cases zeigte die AG Digitale Geschäftsmodelle der Plattform Industrie 4.0, wie durch kollaborative Datenräume monetäre Mehrwerte entstehen – etwa durch optimierte Produktion, sichere Datenteilung und neue datengetriebene Services.

Die Identität wird zur Infrastruktur

Die Kombination aus technologischer Innovation, regulatorischem Rahmen und praktischer Umsetzung macht klar: Digitale Identität wird zur zentralen Infrastruktur des digitalen Zeitalters – analog zum Energiesystem oder zur Telekommunikation. Wer frühzeitig auf Lösungen wie Reusable KYC, digitale Identitätswallets oder dezentrale Datenräume setzt, sichert sich nicht nur rechtliche Sicherheit, sondern auch Wettbewerbsvorteile durch Effizienz, Vertrauen und Kundenzentrierung.