Ride to Hell: Retribution (Bild © Deep Silver)
Einfach hatte es das Spiel mit dem Namen Ride to Hell: Retribution sicherlich nicht. Bereits im Jahre 2008 wurde das Projekt erstmals erwähnt. Ein Jahr später sollte der Titel eigentlich auch schon auf den Markt kommen, doch daraus wurde leider nichts. Es folgte ein Entwicklerwechsel und das zog eine Verschiebung nach der anderen nach sich. Manch einer erklärte das Spiel irgendwann für Tod, da neue Informationen quasi zur Mangelware gehörten.
Nach den ambitionierten Versprechen und ersten interessanten Bildern, schien eine Veröffentlichung also schon fast unmöglich. Überraschend meldete sich 2013 jedoch der Publisher Deep Silver zu Wort und kündigte einen Release in diesem Jahr an. Den Worten sollten auch Taten folgen und nach dieser schier unendlich andauernden Odyssee wurde das Actionspiel vor kurzem für PC, PlayStation 3 und Xbox 360 in den Handel gebracht. Zuvor veröffentlichte Videos und der relativ niedrige Einstiegspreis schürten jedoch die Sorge, dass das Spiel die einst versprochene Qualität nicht mehr halten kann.
Die Handlung von Ride to Hell: Retribution führt einen in die USA der 60er Jahre. Damals tobte der Vietnamkrieg in vollen Zügen und auch Hauptcharakter Jake Conway hat die Schrecken des Krieges miterlebt. Zu Beginn des Spiels kehrt er als Veteran in seinen verschlafenen Heimatort zurück und trifft dort auch sogleich auf seine damals zurückgelassene Familie, die nur noch aus seinem Onkel und seinem kleinen Bruder besteht. Es hat sich viel geändert und während seine Liebsten gealtert sind, treiben auf den Straßen jede Menge Banditen ihr Unwesen.
Ohne große Umschweife wird auch Jake von den Veränderungen heimgesucht. Gemeinsam mit seinem Bruder zieht er um die Häuser und als die beiden eigentlich schon den Heimweg antreten wollen, treffen sie auf die sogenannte Devil’s Hand-Gruppierung. Diese Leute führen nichts Gutes im Schilde und sorgen sogleich für eine blutige Auseinandersetzung. Trotz einer erlittenen Schussverletzung überlebt der Spieler das Attentat, doch der kleine Bruder von Jake stirbt. Das Motiv der Rache steht nun an erster Stelle und soll fortan die Motivation für den Fortgang der Handlung bieten.
Der Einstieg, der durchaus dramatisch hätte werden können, gibt schon einmal einen trüben Vorgeschmack auf die Fehlleistung, die bei der Gestaltung der Handlungslinie begangen wurde. Ride to Hell: Retribution weiß absolut nicht, wo es eigentlich hingehört. Zwischen Ernsthaftigkeit und purem Trash entsteht am Ende nur eine bunte Aneinanderreihung sinn- und zum Teil auch geschmacksbefreiter Handlungsrahmen. Ohne jeglichen Tiefsinn zu bieten, ballert sich Jake von A nach B. Dabei rettet er nicht selten auch Frauen und lässt sich seine Wertschätzung sogleich mit einigen Bettgeschichten zeigen, die man nicht lächerlicher hätte inszenieren können. Besonders wenn beide Akteure mit sämtlichen Kleidungsstücken merkwürdige Posen vollführen, fragt man sich, womit man diese Einlagen eigentlich verdient hat.
Aber auch sonst bringt es die Handlung kaum auf den Punkt. Die vielen Sprüche, die der blassen Hauptfigur entspringen, sind zumeist weder lustig, noch können sie den roten Faden zu irgendeinem Ziel bringen. Hinsichtlich des Plots verfehlt Ride to Hell: Retribution also völlig seine Wirkung. Schade eigentlich, denn egal ob man der Rockerprämisse mit Witz oder eher ernsteren Einlagen entgegnet wäre – das Potenzial wäre im jeden Fall vorhanden gewesen.
Während schon der Einstieg nicht zu begeistern vermag, macht es der optische Part nur noch schlimmer. Die Grafik von Ride to Hell: Retribution lässt sich in etwa mit dem technischen Durchschnitt der letzten Konsolengeneration vergleichen. Was wie eine gemeine Spitze anklingen mag, ist jedoch leider die bittere Wahrheit, denn die vielen lieblos gestalteten Schauplätze wären ohne jedwede Details sicherlich noch verkraftbar gewesen, doch die Schärfe der Texturen ist einer längst vergangenen Zeit entsprungen.
Dem gesellen sich noch abgehackte Animationen und mickrige Explosionseffekte hinzu. Abgesehen von den vielen Ladenzeiten, den ständig auftretenden Rucklern und den nachladenden Objekten im Hintergrund, kommt es auch immer wieder zu unschönen Grafikfehlern. Diese zeigen sich beispielsweise beim Verschwinden von diversen Objekten in den Umgebungswänden. Grafisch ist Ride to Hell: Retribution wirklich ein Graus und durch viele Einlagen, wie etwa die wackelnde Kamera beim Rennen, haben es die Entwickler nur noch schlimmer gemacht.
Die Musikuntermalung dagegen lässt sich immerhin als annehmbar bezeichnen. Die Gitarren-lastigen Liedstücke passen eigentlich recht gut zum Rockerambiente, wenngleich ein wenig mehr Abwechslung wünschenswert gewesen wäre. Die Soundeffekte hingegen sind oftmals sehr unpassend oder gar übertrieben ausgefallen. Manche Sounds fehlen dagegen gleich ganz. Wenn der Charakter zum Beispiel durch eine Lagerhalle läuft und nicht einmal ein einziger Schritt ertönt, mutet das schon ziemlich merkwürdig an. Nicht nur an dieser Stelle zeigt sich, dass das Spiel offenbar unfertig ist.
Damals wurde Ride to Hell: Retribution als Open-World-Spiel angekündigt, doch von diesen Ansätzen ist im fertigen Produkt nicht mehr viel erkennbar. Der Spielablauf verläuft im Grunde strikt linear, weshalb es kaum möglich ist, innerhalb einer Mission von den vorgegebenen Wegen abzuweichen. Die unterschiedlichen Auftragstypen sind stets nach demselben Muster aufgebaut. Oft ist man zum Beispiel mit dem Motorrad unterwegs und muss vorrangig Hindernissen ausweichen und angreifenden Verfolgern mit Quick-Time-Events entgegnen. Doch aufgrund der ziemlich schwammigen Fahrweise des Gefährts ist es häufig reine Glückssache, ob man dem Fahrweg folgen kann. Die Steuerung versagt hier leider völlig.
Ansonsten schlägt man sich auch zu Fuß mit dem simplen Kampfsystem durch die abermals linear aufgebauten Areale. Mit wenigen Knöpfen vollführt man einfache Kombos oder ballert sich seinen Weg einfach frei. Dazu stehen verschiedene Waffen und ein mäßig funktionierendes Deckungssystem bereit, das Möglichkeiten wie das Schleichen um die Ecke schmerzlich vermissen lässt. Aber wer braucht schon ein Deckungs-Feature, wenn die Feinde ohnehin kaum einen Ansatz von Intelligenz besitzen? Die Widersacher sehen nicht nur immer wieder gleich aus, sondern benehmen sich zudem völlig irrational. Oft laufen sie wild in der Gegend herum oder bleiben einfach mit dem Rücken zum Spieler gekehrt stehen, sodass einem Abschuss nichts mehr im Wege steht.
Abseits der Missionen darf man sich zumindest etwas freier in der Heimatstadt von Hauptcharakter Jake bewegen. Die während der Aufträge gesammelten Drogen, können zu Geld gemacht werden, das wiederum in neue Kampftechniken und Waffen investiert werden darf. Außerdem kann man sich noch in der Werkstadt des Onkels umsehen und dort einige optische Individualisierungen des Motorrads vornehmen, die zwar relativ belanglos, aber dafür immerhin nett anzusehen sind.
In Anbetracht der vielen Versprechen und der unglaublich langen Entwicklungszeit, die Ride to Hell: Retribution hinter sich gebracht hat, ist das Endergebnis milde gesagt wirklich nur enttäuschend. Anstatt ein lustiges Actionspiel mit Motorrädern und Rockern im Open-World-Gewand zu präsentieren, wartet hier nur ein spannungsarmer und gänzlich langweiliger Titel auf den Spieler, der sein Ziel um viele Kilometer verfehlt hat. Spaß hat man während der ganzen Misere nämlich nur aufgrund der vielen unfreiwillig komischen Situationen, die etwa durch Spielfehler oder lächerlich anmutende Zwischensequenzen hervorgerufen werden. Für eine derartige Art der Unterhaltung sollte man jedoch in keinem Fall Geld ausgeben müssen.
Stärken des Spiels:
- Motorräder lassen sich optisch aufwerten
- Musikuntermalung mitunter recht nett
Schwächen des Spiels:
- Belanglose Handlung
- Lineares Gameplay
- Viele Spielfehler
- Hoffnungslos veraltete Grafik
- Kuriose Soundeffekte
Insgesamt erhält Ride to Hell: Retribution von uns folgende Wertung: