Heute veröffentlichen wir eine neue Version von Raspberry Pi OS. Diese Version enthält eine bedeutende Änderung, die den meisten Leuten hoffentlich gar nicht auffällt. Deshalb dachten wir, wir sollten Sie besser darüber informieren, damit Sie es tun…
Zuerst eine kurze Geschichtsstunde. Linux-Desktops verwenden wie ihre Unix-Vorgänger seit vielen Jahren das X Window-System. Dies ist die zugrunde liegende Technologie, die den Desktop anzeigt, Fenster verwaltet, die Maus bewegt und all das andere Zeug, über das Sie nicht wirklich nachdenken, weil es (normalerweise) einfach funktioniert. X ist in der Computertechnik prähistorisch und hat uns seit den frühen 80er Jahren gute Dienste geleistet. Aber nach 40 Jahren zeigen sich allmählich Risse im Design von X.
Daher wechseln viele Linux-Distributionen zu einer neuen Fenstertechnologie namens Wayland. Wayland hat viele Vorteile gegenüber X, insbesondere in Bezug auf die Leistung. Unter X helfen zwei separate Anwendungen beim Zeichnen eines Fensters:
Der Anzeigeserver erstellt Fenster auf dem Bildschirm und gibt Anwendungen einen Platz zum Zeichnen ihres Inhalts. Der Fenstermanager positioniert Fenster relativ zueinander und dekoriert Fenster mit Titelleisten und Rahmen.
Wayland kombiniert diese beiden Funktionen in einer einzigen Anwendung namens Compositor. Anwendungen, die auf einem Wayland-System ausgeführt werden, müssen nur mit einer statt mit zweien kommunizieren, um ein Fenster anzuzeigen. Wie Sie sich vorstellen können, ist dies eine viel effizientere Möglichkeit, Anwendungsfenster zu zeichnen.
Wayland bietet auch einen Sicherheitsvorteil. Unter X kommunizierten alle Anwendungen mit dem Anzeigeserver hin und her; folglich konnte jede Anwendung jede andere Anwendung beobachten. Wayland isoliert Anwendungen auf Compositor-Ebene, sodass Anwendungen sich nicht gegenseitig beobachten können.
Wir haben vor etwa zehn Jahren zum ersten Mal über Wayland bei Raspberry Pi nachgedacht; damals war es noch lange nicht einsatzbereit. In den letzten Jahren haben wir vorsichtige Schritte in Richtung Wayland unternommen. Als wir Bullseye im Jahr 2021 veröffentlichten, wechselten wir zu einem neuen X-Fenstermanager, Mutter, der auch als Wayland-Compositor verwendet werden konnte. Wir haben die Option eingebaut, ihn in den Wayland-Modus zu schalten, um zu sehen, wie er funktioniert.
Mit der Veröffentlichung von Bookworm im Jahr 2023 ersetzten wir Mutter durch einen neuen dedizierten Wayland-Compositor namens Wayfire und machten Wayland zum Standardbetriebsmodus für Raspberry Pi 4 und 5, während wir X weiterhin auf Modellen mit geringerer Leistung ausführten. Wir haben viel Zeit damit verbracht, Wayfire für Raspberry Pi-Hardware zu optimieren, aber es lief auf älteren Pis immer noch nicht gut genug, sodass wir nicht überall darauf umsteigen konnten.
