Fakt ist: Wer F1 2012 online spielen will muss in Steam angemeldet sein. Das ist gleichzeitig die erste große Neuerung. Während man zu Beginn noch auf das inzwischen veraltete Games for Windows Live (GfWL) gesetzt hat, wird nun eben Steam benötigt. Das können wir dem Spiel sowohl positiv als auch negativ anrechnen: Steam ist ebenso umstritten wie GfWL. Objektiv gesehen ist es jedoch ein kleines Plus für F1 2012, da Steam sich in den letzten Jahren etabliert hat und die Resonanz an Steam deutlich höher ist, als an GfWL. Viele Nutzer dürften beispielsweise schon Steam-Konten aufgrund von Counter Strike, Modern Warfare 2, Portal und etlichen weiteren Spielen haben. Das wiederum erleichtert den Spielern den Einstieg.
Mit dem „Rauswurf“ von Games for Windows Live wurde auch das Menü neu designt. Insgesamt ist es weitaus schlichter als noch im Vorgänger. Möchte man zum Karrieremodus oder zum sogenannten Testgelände, so klickt man sich einfach nach links oder rechts zum jeweiligen Menüpunkt durch. Die Menüpunkte werden dabei jetzt nur noch in einer kleinen, blau hinterlegten Zeile in der unteren Bildhälfte angezeigt. Auch das kann man wieder mit einem weinenden und einem lachenden Auge betrachten: Die Leistung geht hier auf Kosten des Designs. Das macht sich auch im Karrieremenü bemerkbar: Das Fahrerzimmer und die Interviews wurden entfernt. Beim Start der Karriere fühlt es nicht mehr ganz so echt an, wie es noch beim Vorgänger der Fall war. Als Spieler kann man sich durch das schlichte Menü nicht in die Rolle des Fahrers hineinversetzen.
Als Ersatz dafür kann jedoch der Young Drivers Test gesehen werden, der – zumindest am Anfang – dafür sorgen soll, dass sich der Spieler zurechtfindet und sich an die Boliden der Formel 1 herantasten kann. Der Young Drivers Test findet auf dem Yas Marina Circuit in Abu Dhabi statt und existiert auch in der Realität. Wie gut der Young Drivers Test umgesetzt wurde und ob er eine Bereicherung für das Spiel ist, das erläutern wir ausführlich im Laufe des Berichts.
Weitere große Neuerungen sind die neue Wetterdynamik, die ausgereiftere Fahrphysik und der neue Champions-Modus, in welchem ihr vordefinierte Szenarien durchspielen müsst und euch so vorankämpfen könnt. Eine nahezu winzige Änderung, die den Rennverlauf jedoch in entscheidenden Situationen verändern kann, ist diese: Nehmen wir an, ihr möchtet euren Vordermann in einer Kurve innen überholen, verschätzt euch aber und nehmt – wenn vorhanden – die Auslaufzone zum Überholen. Während es im Vorgänger oftmals noch direkt eine Strafe gab oder man ohne Probleme davonkam, gibt es nun ein Zeitfenster, in welchem man den Überholten wieder vorbeiziehen lassen muss. Macht man das innerhalb der 6-7 Sekunden nicht, dann bekommt man eine Strafe aufgebrummt. Das kommt der Realität doch schon deutlich näher als alles andere.
Systemanforderungen & Performance
Bevor wir zum Performance-Check kommen können, müssen wir eine Sache feststellen: Entspricht unser Testsystem den mindesten bzw. den empfohlenen Systemvoraussetzungen? Folgende Komponenten müssen mindestens verbaut sein, damit F1 2012 überhaupt funktionieren kann:
- Prozessor: Intel Core 2 Duo @ 2,4 GHz / AMD Athlon 64 X2 5200+
- Arbeitsspeicher: 2 GB
- Festplattenspeicher: 15 GB
- Grafikspeicher: 256 MB
- Grafikkarte: nVidia GeForce 8600 / ATI Radeon HD 2600
- DirectX: 9.0c
- Betriebssystem: Windows XP/Vista/7
Empfohlen wird ein System mit folgenden Spezifikationen, an denen wir uns ebenfalls orientieren werden:
- Prozessor: Intel Core i7 @ 2,66 GHz / AMD Phenom II X4 @ 3,0 GHz
- Arbeitsspeicher: 4 GB
- Festplattenspeicher: 15 GB
- Grafikspeicher: 1 GB
- Grafikkarte: nVidia GeForce GTX 560 / AMD Radeon HD 6850
- DirectX: 9.0c
- Betriebssystem: Windows Vista/7
Um die Performance zu testen, stehen uns zwei Systeme zur Verfügung:
Testsystem 1:
- AMD Phenom II X6 1090T, auf 3,5 GHz bertaktet
- AMD Radeon HD 6850
- 8 GB DDR3 Arbeitsspeicher
- Windows 7 Ultimate x64
Testsystem 2 (Acer Aspire 7750G):
- Intel Core i5-2450M
- Intel HD 3000 & AMD Radeon HD 7670M
- 4 GB Arbeitsspe&cher
- Windows 7 Ultimate x64
Um es kurz zu fassen: Testsystem Nr. 1 entspricht den empfohlenen Systemanforderungen, das Notebook welches als zweites Testsystem fungiert, nicht ganz. Wir erwarten, dass das stärkere System unter den höchsten Einstellungen und mit höchster Auflösung im ins Spiel integrierten F1 2012-Benchmark deutlich besser abschneidet als das Notebook. Jedes Ergebnis mit mehr als 30 Bildern pro Sekunde (Frames per Second, kurz FPS) ist im grünen Bereich. Wenn das Notebook diese Marke nicht erreicht, wäre das auch nicht verwunderlich gemäß unserer Erwartungen.
Wie erwartet, schneidet der Desktop-PC deutlich besser als das Notebook ab. Im Schnitt erzielte er 43,8 FPS, das Minimum lag bei 40,0 Bildern pro Sekunde, was für diese Hardware, die sich im mittleren Leistungssegment befindet, durchaus akzeptabel ist. Das Notebook kommt bei vergleichbaren Einstellungen, der Unterschied besteht in der mit 1600 x 900 Pixeln geringeren Bildschirmauflösung und der Beschränkung auf 4-fache Kantenglättung, auf nur 20,8 Bilder pro Sekunde im Schnitt. Das Minimum lag bei 14,3 Bildern pro Sekunde, was das menschliche Auge schon längst als Ruckeln wahrnimmt. Schraubt man die Grafikeinstellungen etwas herunter, dann läuft F1 2012 auch auf dem Notebook flüssig.
Grafik & Sound
Wie auch schon im Vorjahr setzt F1 2012 auf die sogenannte EGO Engine 2.0. Für uns bedeutet das, dass die Änderungen nur gering ausfallen dürften – und so ist es auch. Die Texturen wirken etwas feiner. Das Spiel an sich ist bis auf wenige Ausnahmen nicht übermäßig mit Farben gesättigt. Es wirkt blasser als der Vorgänger. Dafür werden Reflexionen sehr ansehnlich wiedergegeben. Das merkten wir in unserem Test beispielsweise auf der Rennstrecke in Sao Paulo bei Regen im silber-grauen McLaren: Objekte, die sich auf unserem Boliden spiegeln, werden genau und realistisch dargestellt.
Dank der neuen Wetterdynamik werden Strecken nun unter unbeständigen Bedingungen nun auch ganz anders wahrgenommen. Während es in Sektor 1 leicht oder sogar stark regnen könnte, sind Sektor 2 und 3 trocken. Der Regen, die damit verbundenen Regenwolken und der anschließende Umschwung auf die trockene Strecke macht Spaß. Mit Blick auf die Wolkenlage am Himmel kann man manchmal vorhersagen, wo es demnächst regnen wird – vorausgesetzt, dass die Wolken wie erwartet weiterziehen. Regentropfen werden rigoros auf unserem Display angezeigt, allerdings nicht übermäßig. Sollte man bei Regen hinter jemandem herfahren, dann kommt uns zusätzlich das Spray des Vorausfahrenden entgegen und wir sind quasi koordinationslos. Hier wurde Feintuning vorgenommen – etwas komplett Neues ist das nicht. Schöner als beim Vorgänger ist es aber definitiv!
Die neuen Boliden sind gemäß der EGO Engine sehr originalgetreu modelliert. Die „Entenschnäbel“, so wurden sie von der deutschen Presse zu Anfang der Saison genannt, wurden gut umgesetzt. Auch die Bemalungen der Formel-1-Wagen sowie die Anzüge und Gesichter der Fahrer haben ein Update erhalten. Es fällt uns aber zunehmend auf, dass die Texturen blasser sind als noch in F1 2011. Subjektiv betrachtet mag dies Geschmackssache sein, objektiv betrachtet kommt es der Realität einen Ticken näher. Wobei man sich durchaus manchmal wünschen würde, dass alles etwas gesättigter ist.
Am Sound gibt es nichts zu bemängeln. Im Test hatten wir ein 5.1-Soundsystem von Logitech. Wie bei den beiden Vorgängern wird die Räumlichkeit gut auf alle Boxen übertragen. Schauen wir im Cockpit nach rechts, dann verlagert sich auch der Ton dementsprechend. Wollen wir auf einer langen Geraden in den Spiegel schauen, damit wir den Gegner erkennen können, dann verlagert sich die Balance des Tons in die Richtung, aus der der Gegner kommt. Zu bemängeln ist lediglich – mal wieder – die deutsche Übersetzung der englischen Audioausgabe. Es ist zwar lobenswert und für die Masse auch notwendig, dass es deutsche Übersetzungen der ursprünglich englischen Ansagen gibt, allerdings empfehlen wir allen Spielern die Audio-Sprache auf Englisch zu stellen. Der Realismus und die Atmosphäre sind somit wesentlich intensiver. Man muss allerdings bedenken, dass das ein Problem vieler Sportspiele ist. Auch in Spielen wie FIFA hinken die deutschen Kommentatoren den Originalen eher hinterher.
Young Drivers Test & Champions-Modus
Das eine Aushängeschild des Spiels ist der Young Drivers Test, das andere der neue Champions-Modus. Der Young Drivers Test geht nahtlos in den Karrieremodus über, der Champions-Modus hat den Grand Prix-Modus abgelöst.
Der Champions-Modus
Im Champions-Modus kann der Spieler vorgegebene Szenarien in Angriff nehmen und dadurch weitere Szenarien freischalten. Ziel der Szenarien ist es, eine vordefinierte Aufgabe aus einer vorgegebenen Position heraus zu erfüllen. Im ersten Szenario sind wir der Teamkollege von Kimi Raikkönen und befinden uns in der drittletzten Runde auf der Rennstrecke in Spa Franochamps. Unsere Aufgabe: Einige Positionen gutmachen und Kimi Raikkönen überholen und anschließend vor ihm ins Ziel kommen. Drei Schwierigkeitsgrade stehen uns zur Auswahl: Einfach, Mittel und Schwer.
Insgesamt gibt es sieben Szenarien, welche tendenziell schwerer werden, wobei wir zugeben müssen, dass uns das zweite Szenario leichter fiel als das erste. Aber auch das dürfte jeder anders empfinden. Außerdem ist die Schwierigkeit abhängig von dem Schwierigkeitsgrad und den Fahrhilfen – in unserem Fall sind wir auf Mittel gefahren und haben ohne jegliche Fahrhilfen mit manueller Schaltung und Xbox 360-Controller gespielt.
Der Champions-Modus ist an sich eine sehr interessante und spaßbringende Sache. Einen großen Wehrmutstropfen gibt es an dieser Sache jedoch: Der Grand Prix-Modus musste für ihn weichen. Sowohl als Tester aber auch als begeisterter Spieler stellt man sich hier die Frage, warum der Grand Prix-Modus vom Champions-Modus abgelöst wurde, wenn beide Modi nahezu nichts miteinander zu tun haben, abgesehen davon, dass man in beiden Rennen mit Formel-1-Wagen fährt. Ändern kann man daran zwar nichts, es wäre jedoch sehr wünschenswert, wenn der Grand Prix-Modus wieder Teil des nächsten Formel-1-Spiels von Codemasters werden würde.
Der Young Drivers Test
Im Young Drivers Test landet jeder Spieler von F1 2012, sofern er den Karrieremodus spielt. Wie bereits erwähnt existiert der Young Drivers Test auch in der Realität und dient dazu die Stars von morgen zu entdecken. Ganz so weit geht Codemasters zwar nicht, dennoch bietet sich jedem Spieler die Möglichkeit, sich an das Spiel heranzutasten und Gefühl für den Boliden zu bekommen. Man hat die Wahl zwischen einem Red Bull, Ferrari und McLaren. Anschließend gibt es zwei Spieltage, an denen man einige Tests absolvieren muss. Einer davon ist beispielsweise wie folgt aufgebaut: Ihr steht an einer langen Geraden, müsst beschleunigen und nach dem Erreichen der benötigten Geschwindigkeit auf einer roten Fläche zum Stehen kommen. Bei der Größe der Fläche ist das für Kenner des Vorgängers alles andere als eine Herausforderung, aber vielleicht kann dies ja Anfängern und Neulingen helfen sich im Spiel besser zurechtzufinden.
Bei oben genannter Aufgabe gibt es zwei zu erzielende Punkte: Einen für das Erreichen der Geschwindigkeit und den anderen für das Stehenbleiben innerhalb des roten Quadrats. Am Ende der beiden Tage kann man maximal 17 Punkte erzielt haben. Hat man alle Punkte erzielt, darf man direkt bei Williams in der Karriere anfangen. Hat man weniger Punkte, dann reicht es eventuell nur für Marussia, HRT, Caterham oder Force India. Zum Schluss hat der Spieler die Wahl.
Etwas bedauerlich ist es, dass man den Young Drivers Test nicht überspringen und nicht direkt ins Saisongeschehen steigen kann. Der Young Drivers Test ist zwar alles andere als Notwendig, dennoch ist es eine angenehme Neuerung in F1 2012. Gleichzeitig können sich auch fortgeschrittene Spieler anfangs mit der neuen Fahrphysik anfreunden und kriegen einen Eindruck vom Fahrverhalten einer der drei auswählbaren Boliden.
Der Karrieremodus
Die meisten Spieler bezeichnen dies sicher als einen der wichtigsten Bestandteile eines Formel-1-Spiels: den Karrieremodus. Wie in allen Sportspielen ist die Karriere einzigartig und fast unmöglich zu reproduzieren, weil die Ereignisse von äußerst vielen Faktoren abhängen und das macht den Karrieremodus so wichtig. Vorab können wir sagen: Der Karrieremodus profitiert hauptsächlich aus allen anderen Änderungen.
Das Prinzip des Karrieremodus bleibt unberührt. Ihr absolviert den Young Drivers Test und könnt euch ein Team aussuchen – und genau ab hier wissen viele Gamer sicher bereits, wie es weitergeht. Ihr kriegt auf eurem Bildschirm E-Mails vom Team, in den ihr über die kommenden Rennen, das Wetter, euren Teamkollegen, Ziele und neue Vertragsangebote informiert werdet. Im Gegensatz zum Vorgänger wurde das Umfeld jedoch komplett verändert: Anstatt in eurem Wagen hinter der Boxengasse seid ihr nun in einem 2D-Menü, das so ziemlich das gleiche Menü wie das des Hauptspiels ist. Das Spiel verliert an Ästhetik, gewinnt jedoch auch an Leistung und Benutzerfreundlichkeit.
Anschließend könnt ihr Schwierigkeitsgrad und Fahrhilfen noch verändern, ehe ihr ins Renngeschehen einsteigt. Je nachdem ob ihr ein kurzes oder ein langes Rennwochenende spielen wollt absolviert ihr alle Training-Sessions oder nur eine Session. Dasselbe gilt für das Qualifying, das dann vereinfacht ist oder eben nicht. Während den Trainings könnt ihr euer Setup abstimmen, die Strecke erkunden und müsst ab und zu Entwicklungstests machen.
Neu ist beispielsweise, dass ihr die Strecke in einer gewissen Zeit abfahren müsst und gleichzeitig dabei einen bestimmten Bremsprozentanteil in dieser Runde haben müsst. In Sepang sollten wir unter 1:48,00 bleiben, aber gleichzeitig mindestens 9 Prozent der Zeit auf der Bremse gestanden sein, was noch relativ gut zu machen war. Anschließend erhaltet ihr eine Verbesserung. Das können zum Beispiel effizientere Bremsen sein.
Des Weiteren könnt ihr euch wie gewohnt an die Spitze der Formel 1 kämpfen. Schlägt ihr abermals euren Teamkollegen, so werdet ihr vielleicht die Nummer 1 des Teams und könnt am Anfang der Saison entscheiden, wie man das Auto weiterentwickeln soll. Außerdem erhaltet ihr Upgrades dann immer etwas früher als euer Teamkollege. Für jedes erreichte Ziel gibt es Erfahrungspunkte. Ihr steigt dann ein oder mehrere Level auf. Ab einem bestimmten Level könnt ihr Angebote von anderen Teams erhalten, einen Vertrag abschließen und Erfahrungen in einem erfolgreicheren Team mit einem besseren Boliden sammeln.
Zusammenfassend lässt sich über den Karrieremodus sagen, dass Codemasters ihn ganz nach dem Motto „weniger ist mehr“ optimiert hat. Das geht zwar zu Lasten der Ästhetik, ist aber auch kein gravierender Einschnitt in die Spielerfahrung. Dafür sind die Rennen mit neuen Wetterdynamik und dem veränderten Fahrerverhalten nun umso spannender.
Fahrphysik und Gameplay
Die Fahrphysik und das Gameplay spielen eine noch größere Rolle als der Karrieremodus, da es das Wesentliche an einem Rennspiel ist. Hier gibt es viele Veränderungen, die einem sofort ins Auge fallen, wenn man den Vorgänger bereits gespielt hat.
Uns fiel direkt beim ersten Anspielen auf, dass das Anbrems- und Einlenkverhalten verändert wurde. In F1 2011 war es so, dass man gleichzeitig in die Kurve bremsen konnte und noch während dessen das Lenkrad bis an den Anschlag drehen konnte. Wenn man nun mit 150 km/h in eine Kurve bremst und bei dieser hohen Geschwindigkeit einlenken möchte, dann geht das nicht mehr so einfach, weil das Lenkrad nur soweit gedreht werden kann, wie es die Bodenhaftung zulässt. Die Lösung: Wir bremsen früher und lenken bei einer geringeren Geschwindigkeit ein. Das ist nicht nur realistischer, sondern hat auch eine lebensverlängernde Wirkung auf die Reifen. Hatte man zuvor jedoch eine sehr aggressive Fahrweise, dann muss man sich in F1 2012 etwas umgewöhnen.
Oben genannte Veränderung wirkt sich auch auf das Verhalten der Reifen aus. Mit weichen Reifen kann man nun wesentlich aggressiver fahren als mit den harten Reifen, wenn auch nur auf Kosten der Lebensdauer der Reifen. Außerdem wirkt der Bolide in Kurven nun etwas stabiler, dafür wird er bei hohen Geschwindigkeiten auf langen Geraden gerne etwas unruhig. Das merkt man besonders, wenn man hinter der Konkurrenz fährt, die die Luft dann zusätzlich verwirbelt. Die Auswirkungen sind immer abhängig vom jeweiligen Setup.
Bezüglich der Wetterdynamik sind uns ebenfalls zwei Sachen aufgefallen: Die erste Auffälligkeit trat während eines Champions-Modus-Rennens auf. Wir waren in Sao Paulo an erster Stelle und sollten bei regnerischen Bedingungen mit Slicks drei Runden vor Hamilton bleiben und gewinnen. Es regnete jedoch so stark, dass es eigentlich Aquaplaning hätte geben müssen. Die Rennstrecke in Sao Paulo ist ohnehin geprägt von starken Steigungen und Gefälle. Wir konnten jedoch relativ gut ohne jegliche Fahrhilfen mit großem Vorsprung zu Ende fahren. Die zweite Auffälligkeit trat in Sepang während eines Karriererennens auf. Während es am Ende von Sektor 1 regnete und man mit Slicks nur noch schwerlich durch den Sektor kam, waren Sektor 2 und 3 nur leicht feucht. Eine solche Wetterlage ist für Sepang durchaus realistisch, dennoch war der Wechsel sehr extrem. Der Übergang zwischen trocken und extrem nass könnte etwas sanfter vonstattengehen.
Das nächste Problem sind – und ich würde behaupten das ist eines der Probleme, das die Langzeitmotivation am ehesten negativ beeinträchtigen kann – Strafen, die teils sehr ungerecht vergeben werden. Auch hier ist ein Beispiel hilfreich: In einem Champions-Modus-Rennen lenken wir direkt nach dem Start in die Kurve ein, hinter uns ist ein Gegner, der uns in der Kurve von innen attackiert und touchiert. Kurze Zeit später bekommen wir eine 10-sekündige Zeitstrafe ausgesprochen, obwohl wir nicht auch nur im Geringsten daran schuld sind, dass der Fahrer uns zu aggressiv attackiert hat. Zumal haben wir dies gar nicht wahrgenommen. Erst als angezeigt wurde, dass wir eine Kollision verursacht hätten, wurde klar, was passiert sein musste.
Zwei Sachen wollen wir noch klären, bevor wir am Ende unseres Tests angelangt sind: Wie verhält sich der Bolide bei Tastatursteuerung anders als bei Steuerung mit einem Controller und wie ist die Atmosphäre in F1 2012? Vergleicht man die Tastatur- mit der Controllersteuerung, so wird eines schnell deutlich: die Tastatursteuerung sollte anfangs nur mit automatischer Schaltung, ABS und Traktionskontrolle gefahren werden. Im Vergleich zum Controller ist die Tastatur sehr ungenau, da man nur die Wahl zwischen „kein Gas“ und „Vollgas“ hat. Dasselbe gilt für die Bremse. F1 2012 regelt das glücklicherweise etwas ab, so dass man auch mit der Tastatur möglichst gut und sanft fahren kann. Das Lenken geht ebenfalls, ist aber Gewohnheitssache und definitiv nicht so einfach wie am Controller. Insgesamt macht das Spielen mit dem Controller mehr Spaß, weil man die Ideallinie „smoother“ abfahren kann und keine Fahrhilfen benötigt.
Die Rennatmosphäre im Spiel ist gut umgesetzt. Die Zuschauer jubeln einem zu. In der Nähe der Haupttribüne sind sie lauter, in einem Zwischenabschnitt hört man sie oft gar nicht. Dies ist sehr angenehm. Das Heulen der Motoren übertönt die Zuschauer meistens aber sowieso. Man muss sagen, dass Codemasters wirklich mehr Wert auf das Spielerische als auf alles Drumherum gelegt hat. Insgesamt werden aber weder Enthusiasten noch Arcade-Spieler vollkommen zufrieden mit F1 2012 sein.
Fazit
Es fällt uns nicht besonders leicht, F1 2012 eine Wertung zu geben.
Codemasters hat sich dazu entschieden, einige Features aus dem Spiel zu entfernen. Der Grand Prix-Modus, in welchem man seine eigene kleine Saison zusammenstellen konnte, fehlt. Die Boxengassen-Umgebung für den Karrieremodus wurde entfernt und durch ein einfaches Menü ersetzt. Games for Windows Live wurde entfernt – stattdessen setzt das Spiel nun auf Steam. All diese Änderungen vereinfachen das Spiel, verringern aber gleichzeitig auch das Ambiente. Nicht zu vergessen ist auch das umstrittene Bestrafungssystem, welches den Spieler oftmals zu Unrecht oder schlicht zu konsequent bestraft.
Um das Ambiente aufzufrischen, wurde der Young Drivers Test entwickelt und in das Spiel eingebaut. Der Start in die Karriere soll nun nicht mehr ganz so statisch sein, was auch durchaus gelingt. Allerdings wünschen wir uns schwerere Aufgaben für erfahrenere Spieler. Darüber hinaus hat auch der Champions-Modus seinen Weg in F1 2012 gefunden. Dieser Modus kann durchaus für einige Stunden Spaß sorgen und ist eine absolute Neuheit. Es wäre absolut wünschenswert, wenn in Zukunft weitere Szenarien als Downloadcontent veröffentlicht werden würden.
Die Grafik sowie der Sound sind klasse. Abstriche machen können wir lediglich an der geringen Farbsättigung, die diesmal wirklich sehr gering ausgefallen ist. Im Vergleich mit dem Vorgänger wirkt F1 2012 weniger farbenfroh, auch das vermindert das Ambiente ein wenig.
Die Fahrphysik und das Gameplay wurden zwar nur leicht verbessert, die Details fallen dafür aber schwer ins Gewicht. Die Steuerung mit dem Controller macht Spaß. Auch die Steuerung mit der Tastatur ist einigermaßen gut möglich, wenn man sich denn etwas Zeit zum Eingewöhnen nimmt. Am angenehmsten dürften es jedoch Spieler haben, die F1 2012 mit Lenkrad spielen.
F1 2012 ist ein Formel-1-Spiel für jedermann. Die Fahrphysik ist nicht zu simulationslastig, aber auch nicht zu sehr im Arcade-Stil. Codemasters hat eine Mischung aus beidem geschaffen, womit sich potenzielle Fans der Reihe anfreunden müssen. F1 2012 ist nicht nur ein Spiel, das man ausschließlich alleine spielen muss: Auch wenn man mit Freunden gemütlich zusammensitzt und das Spiel im Splitscreen-Modus oder online gegeneinander spielen möchte kann es richtig Spaß machen. Vorausgesetzt ist jedoch immer, dass man sich am Anfang die Zeit und Ruhe nimmt, um sich in das Spiel einzufinden.
F1 2012 ist ein sehr gut gelungenes Abbild der echten Formel 1 mit vielen Stärken und nur einigen kleinen Schwächen und vergeben deshalb folgende Wertung: