Deadpool (Bild © High Moon Studios)
Deadpool stammt aus der Feder der Marvel Comics und hatte zuletzt auch einen filmischen Auftritt in X-Men: Wolverine spendiert bekommen, von dem die Anhänger der Figur allerdings weniger begeistert waren, da grundlegende Charakterzüge völlig außen vor gelassen wurden und der breiten Zuschauerschaft so ein völlig verändertes Bild des Helden zugänglich gemacht wurde. Sogar ein eigener Deadpool-Streifen wurde vor einiger Zeit angekündigt, wenngleich weiterreichende Informationen immer noch auf sich warten lassen.
Für die Fans soll das allerdings kein Grund sein, die Flinte ins Korn zu werfen, denn Deadpool bekommt nun in der virtuellen Welt die Chance, weitere Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. In einem eigens von den High Moon Studios entwickelten Titel spielt der Recke die Hauptrolle und hat dabei seine ganz eigene Geschichte zu erzählen. Ob die Macher dem Protagonisten in diesem Werk endlich der Comic-Vorlage getreu behandelt haben, konnten wir in unserem Test des Actionspiels hinreichend klären.
Das Spiel startet im Apartment von Deadpool, in dem man sich schon einmal angemessen beschäftigen kann. Erste Einsichten in den Kühlschrank stehen einem ebenso wie der Blick in das Fernsehprogramm zur Verfügung. Viel essentieller allerdings ist das Telefon, das Deadpool ganz zu Beginn abhört. Der wichtigste Anruf kommt von den High Moon Studios, die nach langer Wartezeit endlich sein eigenes Videospiel umsetzen wollen. Der Einstieg klingt schon einmal recht merkwürdig, schließlich ist man es nicht gewöhnt, vom Protagonisten angesprochen und darauf aufmerksam gemacht zu werden, dass man gerade sein Spiel spielt. Doch genau das ist das Prinzip hinter dem Titel. Nach dem Verlassen der Wohnung will Deadpool nämlich nur ein wenig Action bieten und lässt sich einige Dinge einfallen, um den Spieler mit seinen Fähigkeiten zu begeistern.
Doch nicht immer läuft alles nach Plan, was auch der Hauptcharakter schnell feststellen muss. Obwohl es sich um sein Spiel handelt und er eigentlich das Sagen bezüglich des Fortgangs der Handlung hat, macht sich auch der böse Sinister in der Welt breit und versucht einige seiner Superhelden-Kollegen zu entführen. Dabei trifft man im Laufe der Zeit auch auf bekannte Figuren wie Wolverine oder Rogue. Der Protagonist lenkt seine Aufmerksamkeit daher zusehends auf Sinister und bündelt seine Kraft, um eben diesen Widersacher aus dem Weg zu räumen.
Die Handlung zielt allerdings absolut nicht darauf ab, Tiefe zu bieten oder irgendeine Art von spannender Erzählung wiederzugeben. Vielmehr dreht sich alles um den Humor von Deadpool. Gleich zu Beginn kommt zum Beispiel ein Anruf von den High Moon Studios, dass der Spieler mit seinen gewagten Sprüngen und Explosionen das zur Verfügung stehende Geld bereits ausgereizt hat und man sich daher keine teure Grafik mehr leisten kann. Nachfolgend landet man also in einem 8-Bit-Level, das altertümliche Bilder und Spielmechaniken zu bieten hat. Dieser Einfallsreichtum ist es, der den Spieler den gesamten Verlauf über bei der Stange hält, schließlich weiß man nie genau, was nun Verrücktes passieren könnte.
Verrückt ist im Übrigens ein gutes Stichwort, um den Charakter selbst zu beschreiben. Die abgedrehten Ideen werden schließlich auch von Deadpool selbst immer wieder eingeworfen. Nicht zuletzt entsteht aber auch viel Witz durch die gespaltene Persönlichkeit seiner selbst. Immer wieder lauscht man den Selbstgesprächen verschiedener innerer Stimmen, die abermals allerhand abgedrehte Dinge zu erzählen haben. Die Stimmen kommen allerdings auch in sehr actionbetonten Situationen vor. Da die Sprachausgabe in Englisch gehalten ist, fällt es einem trotz der deutschen Untertitel nicht immer allzu einfach, sämtlichen Dialogen zu folgen. Nichtsdestotrotz muss man sich am Ende auf den Humor des Titels einlassen können, um wirklich gut unterhalten zu werden. Da viele Witze auf Kosten weiblicher Oberweiten oder ähnlich anstößiger Prämissen gemacht werden, wird sich letztlich nicht jeder an dem Videospiel erfreuen können. Dennoch wird hier ein Deadpool geboten, der mindestens genauso abgedreht wie in den Comics zu sein scheint.
Optisch ist Deadpool letztlich leider kein Leckerbissen geworden. Das liegt vor allem an den strikt linearen und generischen Levels, die keine großartigen Besonderheiten zu bieten haben. Zumeist bewegt man sich durch Kanalisationen, große Gebäudekomplexe oder zerstörte Häuserlandschaften, wobei die allermeisten Areale keinen bleibenden Eindruck hinterlassen wollen. Die Animationen des Protagonisten selbst sind mit all den unterschiedlichen Bewegungen und Kampfeinlagen zwar durchaus ansehnlich geraten, doch sind es besonders die matschigen Texturen, die das Spiel antiquiert aussehen lassen. Hinzu kommt noch das nervige Kantenflimmern, das in fast allen Bereichen erkennbar ist. Überdies führt die störrische Kamera zu einigen unübersichtlichen Situationen.
Die Hintergrundmusik ist zwar durchaus vorhanden, tritt aber nie so richtig in den Vordergrund, wobei die Gitarren-lastigen Rockstücke alles andere als schlecht sind. Die englischen Synchronsprecher, vor allem die von Deadpools unterschiedlichen Stimmen, haben eine gute Leistung erbracht. So ist es beispielsweise immer wieder lustig anzuhören, wenn der Recke Waffengeräusche nachmacht oder ähnliche Kapriolen vom Stapel lässt.
Die bereits eingangs erwähnten Abschnitte, in denen man plötzlich in ein Retro-Level oder gar einen Sidescroller gesteckt wird, sind in der Tat hervorragend ausgefallen, bleiben am Ende aber in der Minderzahl gegenüber den sonstigen Gameplay-Elementen. Ansonsten begibt sich der Spieler vorrangig kämpfend durch die unterschiedlichen Levels, sucht nach zusätzlichen Punkten oder Munitionsvorräten und betätigt verschiedene Schalter. Die große Abwechslung bleibt leider aus und nimmt einem damit schnell den Wind aus den Segeln, denn in den circa sechs Stunden Spielzeit wiederholen sich die Aufgaben überaus flott.
Dennoch ist das Kampfsystem recht passabel ausgefallen. Eine Taste ist für leichte und eine weitere für starke Schläge zuständig, wobei bei einem entsprechenden Hinweis auf dem Bildschirm auch eine Konterattacke ausgeführt werden kann. Zwar hat Deadpool keinerlei Möglichkeit, in Deckung zu gehen, mit der Teleport-Funktion kann man den feindlichen Schlägen und Schüssen aber trotzdem auf eine einfache Weise entwischen. Das Kampfsystem erinnert in vielen Zügen an die Batman-Reihe und profitiert von den einfachen, aber relativ dynamischen Kombos, die es zum Beispiel erlauben Nahkampf- und Waffenangriffe geschickt miteinander zu verknüpfen.
Dazu stehen nicht nur verschiedene Schwerter und Schusswerkzeuge zur Stelle, sondern auch noch zusätzliche Gadgets wie etwa Bärenfallen oder Landminen, womit man die Gegner ordentlich aufmischen kann. Durch das Abschießen der Feinde und das Verbinden von unterschiedlichen Kombinationen erhält der Protagonist zudem allerhand Punkte, die zum einen die unter anderem die eigenen Fähigkeiten verbessern können.
Wer also mehr Gesundheit haben oder die Wahrscheinlichkeit eines kritischen Treffers erhöhen möchte, bekommt dazu einen separaten Fertigkeitenbaum zur Seite gestellt. Damit können allerdings auch die bereits erstandenen Waffen beziehungsweise Gadgets aufgewertet werden, indem man die Punkte in mehr Feuerkraft oder einen größeren Munitionsvorrat investiert, womit letztlich sogar einige zusätzliche Kombos freigeschaltet werden können. Sicherlich sind das Attribute, die man bereits in unzähligen Spielen zu Gesicht bekommen hat, doch fügen sie sich trotzdem gut in das Geschehen des Titels ein, wenngleich man eigene Ideen doch irgendwo vermisst.
Deadpool glänzt vor allem mit seinem ungewöhnlichen Humor und einigen wenigen abgedrehten Spielsituationen. Man möchte stets wissen, was der Recke als nächstes vor hat und in welchem kuriosen Schlamassel er wieder einmal gerät. Mal fängt er plötzlich an zu singen oder beschwert sich über den Spieler, der einfach nichts hinbekommt. Solche Kapriolen gibt es wahrlich in nur wenigen Titeln zu bestaunen. Doch abseits von diesen Ideen haben sich die Macher zu sehr auf konventionelle Gameplay-Elemente verlassen, die man einfach viel zu häufig schon einmal auf ähnliche Weise gesehen hat. Hätte man sich hier noch mehr angestrengt und damit die Abwechslung vorangetrieben, wäre auch die mäßige Optik mit Sicherheit schnell in Vergessenheit geraten. So bleibt das Spiel dann aber doch eher ein Nischentitel, der vor allem die Fans des Comics ansprechen wird.
Stärken des Spiels:
- Lustige Spielsituationen
- Passables Kampfsystem
- Ungewöhnlicher Humor
- Jede Menge Action
Schwächen des Spiels:
- Zu wenig Abwechslung
- Teils nervige Kamera
- Antiquierte Optik
- Überaus linear gehalten
Insgesamt erhält Deadpool von uns folgende Wertung: